Straße von BonifacioTeil 2 - Korsika und Maddalena

Andreas Fritsch

 · 02.10.2025

Die Dufour 38 segelt  vor dem Hauptort von  Maddalena auf der  gleichnamigen Insel.
Foto: Andreas Fritsch
​Die Straße von Bonifacio ist eines der schönsten Reviere des Mittelmeeres: Traumhafte Buchten, bizarre Felslandschaften, kurze Distanzen und dazu immer im Wechsel zwischen Italien und Frankreich.

Hier geht es zu Teil 1 des Reiseberichts: Sardiniens Traumbuchten

Wir nähern uns der Einfahrt nach Bonifacio: Erst sieht man die schmale Lücke im steilen Fels lange gar nicht, dann fädelt man zwischen den hellgrauen, senkrecht aufragenden Felsen ein. Aus Erfahrung wissen wir: Der Hafen am Ende einer fast schartenartigen Bucht ist voll, Anmelden per Funk ist angesagt. Doch kaum am Gerät, höre ich schon die Absagen an die Yachten vor uns: Alles belegt.

Und dann die Einfahrt nach Bonifacio: Erst sieht man die schmale Lücke im steilen Fels lange gar nicht, dann fädelt man zwischen den hellgrauen, senkrecht aufragenden Felsen ein. Aus Erfahrung wissen wir: Der Hafen am Ende einer fast schartenartigen Bucht ist voll, Anmelden per Funk ist angesagt. Doch kaum am Gerät, höre ich schon die Absagen an die Yachten vor uns: Alles belegt.

Besondere Liegeplätze

Man hätte einen Tag zuvor reservieren müssen. Die Ersten dampfen schon wieder raus. Doch wir versuchen es in der Calanque de la Catena. Eine steile Felsbucht, die rechtwinklig von der Hauptbucht nach Norden abzweigt. In ihr hat das Hafenamt an Ringen im Fels Muringleinen ausgelegt. Sehr eng alles, der Mistral weht böig um die Ecke herein, quer zu den Liegeplätzen. Ein einziger Platz ganz hinten scheint gerade noch zu passen. Wir brauchen zwei Anläufe, dann setzt die Dingi-Crew mit Heckleine über, befestigt sie im Fels und die deutschen Liegeplatznachbarn helfen beim Übergeben der Muringleine für den Bug. Der wird trotz Bugstrahler so schnell weggedrückt, dass wirklich nur energisches Eindampfen in die Luv-Heckleine die Yacht so lange gegen den Wind halten kann, bis die Muring am Bug festgemacht ist. Puh. Auf das anspruchsvolle Manöver gibt es erst mal ein korsisches Dankeschön Kastanienbier für die Nachbarn – und uns. „Ihr seid die Dritten, die es versucht haben, die anderen sind alle nach mehreren Fehlversuchen abgedampft“, erzählen sie grinsend.

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Ach, so endet der Segeltag doch wirklich gleich doppelt fein. Abends geht es dann per Dingi, dank vier Mann ein SemiSinker, in den Stadthafen. Megayacht neben Megayacht liegt hier nebeneinander, ein Spektakel des Reichtums. Den steilen Fußweg hinauf in die Stadt, und schon findet man sich in der wunderschönen verwinkelten Altstadt Bonifacios wieder. Hübsche Bars, Cafés, Restaurants, dazwischen kleine Shops.

60 Meter über dem Meer thront Bonifacio

Die Altstadt ist schon immer eine begehrte, umkämpfte Festung im Mittelmeer gewesen. Hoch oben auf dem Fels war sie nur schwer einzunehmen, wurde oft belagert. Schon die Gründer bauten daher ein geniales Versorgungssystem für das rare Trinkwasser: Beim Bau der Häuser wurden darunter große Zisternen angelegt, die über ein ausgeklügeltes System von Rohren und Mini-Aquädukten das Regenwasser der Dächer auffingen und es so ermöglichten, auch im Sommer lange Belagerungen zu überdauern.

Die engen Gassen spenden Schatten. Der Ort ist ein kleines Juwel und die spektakuläre Anfahrt ein Erlebnis. Den perfekten Tag lassen wir in einer korsischen Restaurant-Institution ausklingen: Das „U Castille“ (Reservieren! Tel.: +33/495/730499) bietet originelle und gute korsische Küche, vom Wildschwein bis zu besten Fischgerichten. Wer einen Platz mit Blick zum Meer ergattern kann, sitzt praktisch in der Felswand mit Meeresaussicht.

Auf dem nächtlichen Weg zurück zum Hafen belohnt der Blick von der Festung hinab mit einem Schauspiel: Bunt beleuchtet liegen am Fuß des Berges die Megayachten mit ihren Lichtern. Wieder ein Spektakel. Und der erste Morgen in Frankreich beginnt wahrhaft frankophil: Feinste, zartblättrige Croissants, krosse Baguettes vom Bäcker, ein Café au Lait am Pier. Die andere, französische Seite der Straße von Bonifacio eben. Savoir-vivre vom Feinsten, man muss es einfach lieben.

Mit Rückenwind ums Südkap

Da der Mistral gestern nur Luft geholt hat und heute Nachmittag richtig loslegen soll, beschließen wir die Flucht nach vorn: mit dem Mistral im Rücken um das Südkap Korsikas herum an der Ostküste der Insel im Leeschutz hochfahren zur zweiten Inselstadt im Süden, Porto-Vecchio. Keine Welle, halber Wind, reichlich Ankerplätze auf dem Weg. Klingt gut. Und wird auch so: Die Dufour bekommt Flügel, und mit immer stärker werdendem Wind fliegen wir die zehn Meilen ums Kap. Segelspaß pur.

Doch statt dass wir durchziehen, lockt eine der schönsten Ankerbuchten Korsikas: Rondinara. Eine halbkreisförmige, bei Mistral perfekt geschützte Bucht mit toller Strandbar, feinstem Sand und viel Platz zum Ankern und Baden. Wir können nicht widerstehen. Wieder einer dieser makellosen Spots. Das Revier hat wirklich alle fünf Meilen ein Top-Ziel. Kaum liegt das Boot vor Anker, fegt Mitsegler Marc mit seinem Kite durch die Bucht, wir schauen zu, das Risotto köchelt schon unter Deck. Danach zu Café gourmand (lassen Sie sich überraschen …) und Sundowner in die Strandbar. Wie viele so perfekte Segeltage sollen das eigentlich noch werden?

Porto-Vecchio: Korsika pur

Der Schlag nach Porto-Vecchio ist dann am nächsten Tag nur noch ein Katzensprung. Wieder so eine einmalig schöne Stadt hoch oben auf einem grünen Berghang, die hohen Berge Korsikas sind im Hintergrund schon zu erahnen. Alles etwas kleiner und beschaulicher als in Bonifacio, aber nicht weniger schön. Hier eine von wildem Wein eingewachsene Fassade, die Kirche im Ort mit originellen, nur gemalten Ornamenten in der Decke – es findet sich immer ein kleines Highlight.

Wer die korsische Spezialität Wildschweinwurst oder die berühmten würzigen Schafskäse kaufen will, ist hier goldrichtig. Mit den berühmten, wunderschön gearbeiteten korsischen Taschenmessern lässt sich das Ganze abends auch noch stilecht im Cockpit zerteilen. Dazu eine richtige Marina mit reichlich Platz, ohne dass man sich große Sorgen um das Reservieren machen müsste. Bis Porto-Vecchio segeln deutlich weniger Crews.

Das Maddalena Archipel: Schönheit vor der Küste Sardiniens

Man will gar nicht weg, aber die Woche ist eben kurz, also Rückfahrt nach Italien, da sich der Mistral morgen legen soll. Und wieder diese schmerzlich schönen Buchten. Diesmal an der Nordostseite Maddalenas, die Cala Garibaldi, mit dem verlassenen Club Med oben auf dem Bergrücken. Ein kleines Wäldchen säumt den Strand am Ufer, in einem schmalen Kanal ankern die Boote. Eine ruhige, friedliche Atmosphäre liegt über der Bucht. Es gibt so viele davon, und in so vielen kann man sich regelrecht im Einklang mit Tageshitze, Baden und türkisem Wasser einfach verlieren.

Ideal für die Nacht, wunderschön, aber wir wollen als Abschluss noch nach Cala Gavetta, dem Haupthafen der Insel Maddalena, der zu einem Törn im Revier einfach dazugehört. Zu schön liegt er zwischen den pastellfarbenen Häusern. Rund ums dicht belegte Hafenbecken (am besten morgens reservieren, Tel.: +39/0789/790624) gemütliche Bars und Restaurants. Und vor allem die wohl beste Eisdiele der Insel, die Gelateria „La Finestrella“, mit der alten Dame samt knallrotem Kopftuch als Verkäuferin. Danach fangfrischen Fisch und, na klar, Vermentino, den berühmten trockenen Weißwein Sardiniens. Ein Abstecher zum besten Gastrospezialitäten-Laden der Insel, „Miro dal 1891“ in der Via Italia, ist auch beim fünften Törn ein Muss.

Edle Schinken hängen wie zur Parade aufgehängt unter der Decke, es gibt das sardische Brot Pane carasau, sensationelle Mortadella und einfach alles, was Nordeuropäer an Italien kulinarisch so lieben. Wer hier ohne Mitbringsel für die Daheimgebliebenen rausgeht, dem ist nicht zu helfen. Italien wie im Bilderbuch.

Ein Segen zum Abschluss

So landen wir abends glücklich im Restaurant. Vor unseren Tischen kommt dann plötzlich eine Kirchenprozession samt Kapelle zum Hafen gezogen. Dort stoppen sie vor einem wunderschönen Holzschiff im Stile der alten sardischen Lateiner-Fischerboote, der „Leonidas“. Der Pope geht an Bord, ruft den Herrn im Gesang an und segnet Schiff und die zweiköpfige Besatzung würdevoll, singt aus voller Brust in schönstem Latein ein paar Kirchenlieder, und der Tross der Gläubigen zieht weiter.

Was das war, wollen wir vom Skipper wissen. Der ist junger Bootsbauer, der das gut 13 Meter lange Holzboot vor einigen Jahren selbst gebaut hat und es heute als Tagesausflugsboot verchartert und skippert. „Der Priester segnet uns jedes Jahr nach der Prozession, auf dass wir immer sicher wieder in den Hafen finden.“ Hach, Italien, man muss es einfach lieben. Genau wie Frankreich. Schön, dass man das Beste zweier Welten auch in einer Woche erleben kann.

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Revierinfos:

Anreise: Flüge nach Olbia von vielen deutschen Abflughäfen. Preise je nach Saison ab etwa 350–400 Euro. Transfer zur Charterbasis in Marina dell’Isola ca. 30 Minuten. Am besten über die Basis buchen, an Samstagen sind in der Saison Taxis kurzfristig manchmal schwer zu bekommen.

Charter: Wir waren mit einer acht Jahre alten Dufour 38 der deutschen Charterfirma Sun Charter unterwegs. Das Boot war technisch tadellos. Die Flotte ist eine Mischung aus Bavarias, Sun Odysseys, Dufours und einigen Kats von Lagoon und Nautitech. Eine zwei Jahre alte Bavaria 37 kostet bei Buchung vor Jahreswechsel mit Frühbucher-Rabatt von 20 Prozent im Juni 2.970 Euro. Die Basis in Marina dell’-Isola ist eine wunderschöne Anlage in einer ruhigen Bucht, mit Café, Strand, Badestelle und nahen Restaurants. Die wohl schönste Station im Revier! Buchbar über: Sun Charter, www.suncharter.de, Tel.: 08171/29905 oder info@suncharter.de

Das Revier: Im Revier gibt es zahlreiche Untiefen und Felsen, die es unbedingt zu beachten gilt. Immer wieder laufen Crews vor allem unter Autopilot oder bei kurzen Schlägen in die nächste Bucht gehörig auf. Unsere eigentlich gebuchte, eine Woche alte Bavaria 46 musste direkt vor unserem Start in die Werft! Sorgfältige Planung und Karten-/Plotterarbeit sind also ein Muss. Zu beachten sind die Nationalparks der Maddalena-Inseln auf italienischer Seite (lamaddalenapark.it) und die der Lavezzias auf französischer. Crews müssen sich vor dem Befahren des Italienischen Parks online für die Dauer des Törns registrieren und die Nationalpark-Gebühr entrichten. Das Gebiet ist streng zoniert, die Karte dazu gibt es als Download, es gelten teils Anker- und Befahrensverbote. Wichtig: In den meisten Zonen gilt es, einen Abstand zum Ufer von 300 Metern einzuhalten, Landleinen oder Ähnliches auszubringen ist verboten, und es wird auch kontrolliert. Hier und auch auf den französischen Lavezzis ist Ankern auf Seegras streng verboten!

Wind & Wetter: Zwischen Korsika und Sardinien bildet die Straße von Bonifacio eine Enge, die bei Starkwind aus Nordwest bis West oder Ost eine Winddüse ergibt. Droht Mistral, weht es schnell mit 6 bis 8 Beaufort und es steht entsprechend grober Seegang. Dann ist der Weg nach Bonifacio nicht empfehlenswert. Die besten Mistral-Vorhersagen hat der französische Wetterdienst meteofrance.com.

Häfen & Ankerplätze: An der Küste Sardiniens diverse größere Marinas mit guten Plätzen und Service. Die meisten Crews bleiben aber in den Inseln. Dort ist La Maddalena mit Cala Gaveta und der Schwimmsteg Marina Cala Mangiavolpe ein guter Stopp. In Korsikas Süden Bonifacio und Porto-Vecchio. Die Auswahl an Buchten ist gigantisch, man findet fast immer einen Platz. Oft liegen auch gebührenpflichtige Bojen aus, Kassierer kommen mit dem RIB herum.

Literatur & Seekarten: Klaus-Jürgen Röhring: Korsika, Sardinien Elba, Delius Klasing, 39,90 Euro. ISBN: 978-3-667-12585-9

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